Buch zum Thema (Hrsg. Aktionsgruppe Stolpersteine); 9,90€ bei NATURA Fachbuchhandlung und über die Aktionsgruppe
"Ein Spaziergang mit dem Blick nach unten"
Nehmen Sie dieses Buch mit auf einen besonderen Weg durch Kleinmachnow. Dann
erfahren Sie etwas über diesen Ort, seine Entstehung und Geschichte, seine
Bewohner, die Architektur und Persönlichkeiten. Darüber hinaus werden Sie
unseren Ort auf eine neue Art entdecken. Die Wege, die Ihnen vorgeschlagen
werden, kennen Sie sehr wahrscheinlich. Dennoch werden wir Ihnen eine neue
Perspektive zeigen: den Blick nach unten.
Gelegentlich werden Sie gebeten anzuhalten und auf den Boden
zu schauen. Sie werden auf einen sogenannten Stolperstein aufmerksam gemacht.
Ein etwa 10 cm x 10 cm großer Stein mit Messingbesatz. Darauf stehen jeweils
der Name, die Lebensdaten und Verbleib eines Menschen. Ein Mensch, der hier in
Kleinmachnow leben wollte und nicht durfte. Ein Mensch, der hier seinem Leben einen
Mittelpunkt geben wollte. Ein Mensch, der sich hier ein Kleinod schaffen
wollte. Die Nationalsozialisten ließen das nicht zu.
Menschen, die wegen ihrer Religion und Herkunft zu einer
Rasse erklärt wurden, Menschen mit einer Nicht-Nationalsozialistischen-Gesinnung,
Menschen mit einer angeborenen Behinderung, Homosexuelle sowie Sinti und Roma
wurden denunziert, deportiert und ermordet. Für diese Schicksale werden Stolpersteine
verlegt. An diesem kleinen, unscheinbaren Stein bleiben Sie stehen und erfahren
etwas über dessen Leben. Sie kennen diesen Menschen nicht, aber vielleicht entsteht
dennoch in Ihrem Innern ein Bild der- oder desjenigen.
In diesem Zusammenhang fallen dann Worte wie „jüdisch“ und
„arisch“. Wir als Projektgruppe wurden mit der Zeit sehr sensibel im Umgang mit
diesen Begriffen. „Jüdisch“ und „arisch“ sind geprägt durch die Sprache der
nationalsozialistischen Propaganda und des Völkermords. Der
nationalsozialistische Ausdruck verbindet damit den Gedanken an eine
Rassenideologie, die automatisch eine Verkettung von Rassismus, Mord, Tod,
Vertreibung und Größenwahn zur Folge hat. Wenn wir heute in diesem Buch diese
Begriffe verwenden, dann ausschließlich um damalige Denkmuster und
Handlungsweisen wiederzugeben. So wurden Menschen schrittweise vom öffentlichen
Leben ausgeschlossen, durften ihre Berufe nicht mehr ausüben, mussten ihr
Vermögen offenlegen und Namensvorschriften einhalten. Sie wurden zu sogenannten
„Sühneleistungen“ herangezogen; am Ende standen Deportation und Vernichtung.
Ein Stolperstein wird immer am Grund- oder Flurstück verlegt,
auf dem sich der letzte freiwillig gewählte Wohnsitz befand. Selbst wenn dort
heute kein Haus mehr existiert, wohnte einmal unter dieser Adresse ein Mensch.
Gunter Demnig, der Künstler und Initiator der Aktion
Stolpersteine, formulierte einmal: „Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn
sein Name vergessen ist.“ Und er macht darauf aufmerksam, dass, wenn wir vor
einem Stolperstein stehen und die Inschrift lesen, wir unseren Kopf neigen. Wir
können das als Verbeugung vor den Opfern verstehen.
Als Kriterien für die Stolpersteinverlegung gelten: Der
letzte freiwillig gewählte Wohnsitz muss in Kleinmachnow gewesen sein. Der
Mensch wurde verfolgt, deportiert und/oder ermordet. Uns war es wichtig, dass
mindestens zwei voneinander unabhängige Quellen die Verfolgungssituation
dokumentiert haben. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben waren, wurde kein
Stolperstein verlegt.
Wir, die Projektgruppe, gründeten uns im Jahr 2005 aus Mitgliedern
der Evangelischen Kirchengemeinde. Im Laufe der Zeit schlossen sich weitere Interessierte
an. Es besteht eine Kooperation mit dem Heimatverein Kleinmachnow e.V. Die
Schirmherrschaft übernahm der damalige Bürgermeister und heutiger Landrat
Wolfgang Blasig.
Wir bemühen uns persönliche Schicksale während der Zeit des
Nationalsozialismus in Kleinmachnow zu klären. So wurden in den Jahren von
2005-2012 etwa 180 Biografien recherchiert. Ausgangspunkt war die
Zusammenfassung der Volkszählung von 1939. Dieses Dokument verhalf zu Namen und
Anschriften. Es wurden Kontakte zu diversen Institutionen geknüpft. Das
kommunale Archiv Kleinmachnows, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
kommunalen Verwaltung, die Gedenkstätte Yad Vashem, das Brandenburgische
Landeshauptarchiv, das Bundesarchiv, das Haus der Wannseekonferenz, die
Gedenkstätte Deutscher Widerstand und der Internationale Suchdienst Bad Arolsen
waren die wesentlichen Anlaufstellen.
Darüber hinaus waren die Informationen von Familienangehörigen
sehr hilfreich. Unterstützung bei der Recherche gab es so aus dem In- und
Ausland. Viele Erinnerungen, Augenzeugenberichte, Dokumente, Literatur sowie
Korrekturen von Verwandten und ehemaligen Nachbarn erreichten uns. So konnten dann
bis April 2012 insgesamt 22 Stolpersteine in Kleinmachnow verlegt werden.
Unter der Leitung des Diakons der Evangelischen
Kirchengemeinde entstand ein Netzwerk aus Projektgruppe, Kirche, Kommune und
Heimatverein. Besonderer Dank gilt hier Herrn Käbelmann im Heimatverein
Kleinmachnow e.V..
Parallel zum Thema Stolpersteine hat sich ein weiterer Zweig
der Recherche ergeben: die „Stillen Helden“. Menschen, die unter Einsatz ihres
Lebens und ihrer Sicherheit anderen das (Über)Leben ermöglichen wollten und oft
konnten.
Dieses Buch informiert über beide Themen. Lesen Sie es von
der einen Seite, erfahren Sie etwas über die Menschen hinter den
Stolpersteinen. Es war uns wichtig, bei der Darstellung des Schicksals der
einzelnen Menschen eine annähernde Vergleichbarkeit zu entwickeln. Bei einigen
gibt es eine Fülle von Informationen, bei anderen sind diese verloren gegangen.
Zudem erzählt das Buch über Kleinmachnows Geschichte. Drehen Sie das Buch um und
lesen es quasi von hinten, erfahren Sie einiges über die „Stillen Helden“ von
Kleinmachnow.
Da die Archive keine weiteren Erkenntnisse hergaben und sich
dadurch die Recherche erschöpfte, entschlossen wir uns, die Verantwortung für
diese Themen weiterzugeben. In einer Sitzung des Ausschusses Kultur und
Soziales der Gemeinde Kleinmachnow übergaben wir die Ergebnisse unserer
Recherchen. Sie werden im Rathaus sowohl in der Bibliothek als auch im
kommunalen Archiv verwahrt und stehen dort zur Verfügung.
Auf drei Stolpersteinen sind die Namen falsch geschrieben. So
stellte sich erst lange nach deren Verlegung heraus, dass die Schreibweise bei
dem Stolperstein Schlesinger statt Wally eigentlich Vally lauten muss. Bei dem
Stolperstein Schmeidler, ist die richtige Schreibweise Curt mit C.
Auf dem Stolperstein für Tanja Pohl müsste der Name Tana stehen.
Hier ist die Erklärung schwieriger. Eigentlich sollte das Kind tatsächlich Tanja
heißen. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt galt bereits die Verordnung der Nationalsozialisten,
nach der nur bestimmte Vornamen für jüdische Neugeborene ausgewählt werden
durften. Der Name Tanja gehörte nicht dazu.
Wenn Sie für das
Projekt Stolpersteine oder die Stele „Stille Helden“ spenden möchten:
Empfänger:
Auferstehungskirchengemeinde; Verwendung: Stolpersteine KLM
Mittelbrandenburgische
Sparkasse; Konto 3 523 030 101, BLZ 160 500 00.
Auf Wunsch oder ab
einer Höhe von 50 Euro erhalten Sie eine Spendenquittung.
Wir würden uns sehr freuen, wenn es gelungen ist, diesen,
unseren Ort mit neuen und etwas anderen Augen zu betrachten.
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