Donnerstag, 12. Januar 2017

Ein Artikel in der Märkischen Allgemeine Zeitung.

http://m.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Ort-der-Erinnerung-und-Mahnung

Bitte beachten Sie auch darin die Ankündigung für den 27., 28. und 29. Januar.



Freitag, 13. Januar 2017

  Ort der Erinnerung und Mahnung

KleinmachnowOrt der Erinnerung und Mahnung

AG Stolpersteine baut Recherche- und Dokumentationszentrum im einstigen Judensammelhaus auf. Anlässlich des 27. Januar, dem bundesweiten Holocaust-Gedenktag, findet in dem Zentrum Auf der Drift 12 eine Veranstaltungsreihe bis zum 29. Januar statt. Sie folgt dem Gedanken „Was hat der Ort verloren?“
Eine bunte Zeichnung vom Gebäude erinnert an die dunkle Zeit des einstigen Judensammelhauses. Martin Bindemann hier mit einem Stolperstein-Modell.
Quelle: Claudia Krause
Kleinmachnow. Es gab Kleinmachnower, die haben nur einen Tag drin gelebt, andere ein paar Monate. Einige kamen aus dem damaligen Judensammelhaus Auf der Drift 12, wie es die Nazis nannten, direkt ins KZ Auschwitz oder ins Warschauer Ghetto, andere in ein Arbeitslager oder schafften es in die Emigration. Die Aktionsgruppe (AG) Stolpersteine in Kleinmachnow, die seit Jahren zum einstigen jüdischen Leben, zu den Opfern des NS-Regimes und den Stillen Helden, die sich diesem widersetzten, in der Gemeinde recherchiert, baut jetzt ein eigenes Recherche- und Dokumentationszentrum auf – im Souterrain eben dieses einstigen Judensammelhauses. Eigentümer ist die Biotechnologie Kempe GmbH.
Dessen Geschäftsführer, Eberhard Kempe, „war von unserer Arbeit so fasziniert, dass er uns die Räume mietfrei zur Verfügung gestellt hat“. Das sagte der AG-Vorsitzende Martin Bindemann. Auf etwa 65 Quadratmetern wird eine Dokumentation als Dauerausstellung und „Ort der ständigen Erinnerung und Mahnung“ aufgebaut. Gerade erst eingetroffen sind Angaben zu 385 jüdischen Kleinmachnower Biografien auf fünf Metern Papierbahnen. Von 94 Einwohnern sei bekannt, dass sie in die Emigration gegangen, Kleinmachnow verlassen haben, so Bindemann.
Alter Umzugskoffer in der Ausstellung
Alter Umzugskoffer in der Ausstellung.
Quelle: Claudia Krause
Um die Separierung und Ausbeutung der Juden durchführen zu können, brauchte es eine rechtliche Grundlage. Diese wurde durch das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“, welches am 30. April 1939 erlassen wurde, hergestellt. Der Paragraf 1 legte fest, dass arische Eigentümer von Wohnraum ihren jüdischen Mietern fristlos kündigen durften, wenn belegt wurde, dass es eine „anderweitige Unterbringung“ gebe. 16 Juden wohnten in dem besagten Sammelhaus Auf der Drift. Besonders bemerkenswert in der dortigen Ausstellung sind nicht nur die Informationen zu Biografien, Aufenthaltsdauer im Sammelhaus und Dokumentationen zu den Stillen Helden, die Juden beim Überleben geholfen haben, sondern auch das kleine, nur sechs Quadratmeter große „Zimmer“, in dem ein alter Koffer, Bilder, Zeitzeugenbriefe und Angaben zu Bewohnern des Judensammelhauses gezeigt werden. Nicht mehr als dieses Geviert war Juden von den Nazis als Übergangswohnraum zuerkannt worden, berichtet Bindemann.
Martin Bindemann in dem sechs Quadratmeter kleinen Zimmer innerhalb der Ausstellung
Martin Bindemann in dem sechs Quadratmeter kleinen Zimmer innerhalb der Ausstellung.
Quelle: Claudia Krause
Nicht jedes Schicksal der jüdischen Einwohner konnte bislang nachverfolgt werden. „Wir sind weiter am Erforschen, recherchieren zum Beispiel im Centrum Judaicum und sind dankbar, wenn uns noch mehr Leute helfen können“, ermuntert der 46-jährige Diakon zum Mitmachen, die Orts- und Einwohnergeschichte zu vervollständigen. Die AG hat mittlerweile auch 23 messingfarbene Stolpersteine dort verlegt, wo noch zuletzt Juden gelebt hatten. „Mehr Steine wird es wohl auch nicht mehr geben“, meint Bindemann. Die Ausstellung zeigt auf einer großen Leinwandkarte die Standorte aller Stolpersteine und ein großes Modell des Steins für Jenny Korytowski, die in der Straße An der Strammbahn gewohnt hat.

Ausschnitt der Ortskarte mit den Standorten der Stolpersteine in Kleinmachnow.
Quelle: Claudia Krause
Dass das Thema angesichts der aktuellen Entwicklungen von großem Interesse ist, beweisen Besuchergruppen von Erwachsenen, von Schulklassen und Kindergartenkindern. Entsprechend des Alters und der besonderen Themeninteressen – etwa zu den Stillen Helden – bietet die AG Stolpersteine Führungen und Projekte in dem Dokumentationszentrum an.

Außerdem finden die regelmäßigen Arbeitstreffen der Aktionsgruppe dort statt. Sie trifft sich an jedem 2. Dienstag im Monat ab 19.30 Uhr und ist offen für weitere Interessierte, so Bindemann.

Das Haus heute Auf der Drift 12 – der Eingang zum Dokumentationszentrum befindet sich rechts hinter dem hohen Gebäudeteil.
Quelle: Claudia Krause
Anlässlich des 27. Januar, dem bundesweiten Holocaust-Gedenktag, findet in dem Zentrum Auf der Drift 12 eine Veranstaltungsreihe bis zum 29. Januar statt. Sie folgt dem Gedanken „Was hat der Ort verloren?“ Dazu gehören auch die Künstler. Im Zentrum stehen deshalb Vorträge, Musik und Filmausschnitte zu Künstlern und deren Kunst, die die Nazis als „entartet“ verachtet, verboten und zum Teil vernichtet haben.
Interessenten an Führungen, Projekttagen oder der Mitarbeit in der AG Stolpersteine können sich unter der Rufnummer 0173/6 12 31 47 oder über den Blog im Internet „stolpersteine-kleinmachnow.blogspot.de“ melden.

Veranstaltungsreihe vom 27. bis 29. Januar

Im ehemaligen Judensammelhaus Auf der Drift 12 finden vom 27. bis 29. Januar drei Veranstaltungen zum Thema „Was hat der Ort verloren“ statt.
Um Literatur geht es am 27. Januar: Monika Hagen liest Kästner-Texte und Geraldin Fritzsche referiert. Sie hatte ihre Bachelor-Arbeit dem Judensammelhaus gewidmet. Musik gibt es von dem Trio mit Roxana Timme, Katja Krause und Sergio Celis.
Malerei, Grafik, Skulptur stehen am 28. Januar im Mittelpunkt: Bernd Lindemann, zuletzt Direktor der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, wird sprechen. Paul Gruson etwa war Maler und Bildhauer und wohnte zuletzt im Rosenhag 4. Der Sohn eines Stahlunternehmers war aufgrund einer jüdischen Großmutter in der Nazizeit sehr gefährdet. Ob er aus Schutz vor Repressalien gleich eine Horst-Wessel-Büste modellierte, muss unbeantwortet bleiben.
Musik und Musiker stehen am 29. Januar im Mittelpunkt: Das Duo Ronald Gottschling und Jens Bodenburk, das selbst musizieren will, widmet sich zum Beispiel Kurt Weill.
An den Tagen ist der Ausstellungsraum von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Die etwa 20-minütigen Vorträge beginnen jeweils um 19 Uhr; Kunstwerke werden gezeigt.
Von Claudia Krause
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